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Kann mein Geld die Welt verändern?

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Finanzen

Kann mein Geld die Welt verändern?

Mit dem eigenen Geld zugleich Gutes tun und Rendite erzielen? Das muss kein Widerspruch sein. Nachhaltige Anlagen gibt es inzwischen genug. Impact Investment lautet die Devise. Bleibt die Frage: Wie weit reicht mein Einfluss als Anleger?

Kann mein Geld die Welt verändern?

Mit der eigenen Geldanlage etwas bewegen? Wer auf Nachhaltigkeit setzt, kann zumindest die Nachfrage ankurbeln. Foto: dpa/Christin Klose

Dürrezeiten, Hitzewellen, Überschwemmungen: Nach Annahmen des Weltklimarates (IPCC) werden Extremwetterereignisse durch die Klimaerwärmung in Zukunft häufiger. Was das bedeutet, hat sich in den vergangenen Monaten nicht nur in Deutschland, sondern an vielen Orten der Welt gezeigt. Vielen Menschen reicht es da nicht aus, nur Politik und Wirtschaft die Entscheidungen für mehr Klimaschutz zu überlassen. Sie wollen selbst ihren Beitrag leisten.Zum Beispiel bei der Geldanlage: Jeder Dritte (32 Prozent) ist inzwischen bereit, ökologische Aspekte in seinem Spar- und Anlageverhalten stärker zu berücksichtigen. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Opinium im Auftrag des Finanzdienstleistungsunternehmens Fidelity International.

Bei jüngeren Anlegerinnen und Anlegern ist die Bereitschaft dazu überdurchschnittlich: 42 Prozent der 18- bis 34-Jährigen wollen ihr Geld der Umfrage zufolge nachhaltiger anlegen. In der Altersgruppe der über 55-Jährigen ist es lediglich ein Viertel (25 Prozent). Solche Umfrageergebnisse überraschen Sir Ronald Cohen nicht: „Die Werte haben sich geändert“, sagt der Philantrop und Risikokapitalgeber. „Umwelt- und Sozialthemen sind für junge Menschen deutlich wichtiger.“ Schließlich gehe es dabei um ihre Zukunft. „Die Folgen des Klimawandels zeigen sich ziemlich deutlich.“

Allmählicher Wertewandel

Dieser allmähliche Wertewandel lässt sich schon jetzt an den Finanzmärkten beobachten. Während zum Beispiel Ölunternehmen in den vergangenen Jahren zum Teil an Börsenwert verloren haben, gewinnen neue innovative Unternehmen wie Tesla deutlich.

Zugleich wächst die Nachfrage nach nachhaltigen Investments. Laut dem jährlichen Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) investierten Privatanleger im Jahr 2020 insgesamt 39,8 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds und Mandate. Das waren 21,4 Milliarden Euro oder 117 Prozent mehr als zum Jahresende 2019.

Ihre Entscheidungen treffen viele Anlegerinnen und Anleger bewusst: 43 Prozent der Befragten sind laut der Opinium-Umfrage überzeugt davon, dass sie durch eine Anlage eine Änderung im Verhalten von Unternehmen bewirken können. 24 Prozent stimmten der Aussage zu, dass Unternehmen, die sich nicht um Nachhaltigkeit kümmern, zu den Verlierern zählen werden, da sie für die Gesellschaft inakzeptabel werden.

Das sieht Sir Ronald Cohen ähnlich. In seinem Buch „Impact“ plädiert er für einen neuen Ansatz des Kapitalismus: Neben einer finanziellen Rendite müsse ein Investment potenziell positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt haben. „Die ethische und ökologische Wirkung, die ein Unternehmen hat, wird in der Zukunft nachweisbar und messbar sein“, ist Cohen überzeugt.

„Spätestens der Bericht des Weltklimarates hat gezeigt, dass es notwendig ist, etwas zu tun“, sagt auch Thomas Küchenmeister von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Facing Finance. „Es braucht einen Wandel zu einer nachhaltigeren Wirtschaft.“ Um das zu erreichen, müssten möglichst viele Menschen mitmachen. Und das könne durchaus gelingen: „Bei Lebensmitteln schauen viele Verbraucher inzwischen auch auf Bio-Qualität.

Doch wie viel Einfluss haben Anleger wirklich? Können Kleinaktionäre große Unternehmen zum Umlenken bewegen? Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist da skeptisch: „Die Macht liegt eher bei den institutionellen Anlegern.“

Allerdings könnten Kleinaktionäre auf Hauptversammlungen ihr Fragerecht nutzen, um auf Themen hinzuweisen. „Der Vorstand muss Ihnen darauf ja eine Antwort geben.“ Und: „Der Kauf von Aktien ist oft mehr als nur eine reine Geldanlage“, findet Kurz. „Es ist die bewusste Entscheidung, Miteigentümer eines Unternehmens zu werden.“ Und dabei spiele nicht nur die Absicht, einen Gewinn zu erzielen, eine Rolle, sondern auch das Geschäftsmodell des Unternehmens.

Wer nicht so tief in die Materie einsteigen will, kann zu Fonds greifen. Inzwischen gibt es viele Fonds, die nicht in fossile Energien investieren und andere kontroverse Geschäfte ausschließen, erklärt die Stiftung Warentest. Beim Nachhaltigkeitstest von 99 Fonds für die Warentest-Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 9/2021) bekamen vier aktiv gemanagte Fonds die beste Nachhaltigkeitsbewertung. Allerdings kosten aktive Fonds Gebühren. Günstiger sind börsengehandelte ETF. Nachhaltige Indexfonds sind aber oft weniger streng. Bei der „Finanztest“-Bewertung schneiden sie daher in puncto Nachhaltigkeit etwas schlechter ab.

Wer will, kann seine ganzen Geldgeschäfte umstellen: Nachhaltig anlegen kann man auch in Tages- und Festgeld bei ethisch-ökologischen Banken, wie fast überall zu nicht gerade üppigen Zinsen. Bei diesen Banken kann man ebenso ein Girokonto eröffnen. Auch dabei gilt: Je größer die Nachfrage, desto größer wird auch das Angebot werden. Falk Zielke

So baut man das Depot um

Die Nachfrage nach nachhaltiger Geldanlage ist groß. Allerdings wirft diese Anlagestrategie bei Anlegerinnen und Anlegern oft einige Fragen auf.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Investments wächst. Laut dem letzten Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) investierten Anlegerinnen und Anleger 2020 insgesamt 39,8 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds und Mandate. Das waren 21,4 Milliarden Euro oder 117 Prozent mehr als zum Jahresende 2019.

Wer sein Depot umstellen will, steht oft vor vielen Fragen: Wie investiere ich am besten? Wo liegen die Risiken? Die Experten der Stiftung Warentest geben in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest (3/2022) einige Antworten. Eine Auswahl:

- Wie kann man sein Portfolio nachhaltig umbauen?

Eine Möglichkeit ist es, dem Depot eine Radikalkur zu verpassen und alle Anlagen zu verkaufen, um das Geld in nachhaltige Produkte zu investieren. Wer nur aktive Fonds hat, kann diese laut Finanztest kostenlos zurückgeben. Börsengehandelte ETF können über die Börse verkauft werden. Aber: Beim Verkauf fallen oft Gebühren und gegebenenfalls Steuern an. Weniger teuer ist der schrittweise Umstieg. Anlegerinnen und Anleger können auch schrittweise in nachhaltige Fonds umschichten. Wer einen Sparplan hat, kann diesen umstellen und künftig in ethisch ökologische Fonds investieren. Die alten Anlagen können im Depot bleiben.

- Droht eine Blase bei nachhaltigen Investments?

Auch wenn die Nachfrage derzeit hoch ist, können Anlegerinnen und Anleger in der Regel beruhigt sein. Ob es Übertreibungen gegeben hat, kommt nach Ansicht von Finanztest auf das Produkt an. Bestimmte Branchenfonds, die gezielt in einzelne Bereiche investieren, haben einen engen Anlagefokus. Hier kann es zu größeren Schwankungen kommen.

Die Experten der Stiftung Warentest empfehlen daher eher nachhaltige Fonds mit einem breiten weltweiten Anlagespektrum. Ein entsprechender Weltfonds kauft Aktien verschiedener Branchen und beachtet ökologische und soziale Aspekte. Das Geld der Anleger wird breit gestreut und fließt nicht nur in Unternehmen, die aus typischen Umweltbranchen stammen.

- Reicht ein aktiver grüner Fonds?

Aktiv gemanagte Fonds sind nach Ansicht der Stiftung Warentest nicht unbedingt bequem. Der Grund: Anders als bei indexbasierten ETF kann sich die Qualität ändern, etwa wenn das Management wechselt und der Fonds nicht mehr die gewünschte Rendite erzielt. Daher ist es nach Ansicht der Experten sinnvoll, nicht nur auf einen aktiven Fonds zu setzen, sondern etwa einen markttypischen ETF beizumischen.

- Ist die Rendite bei nachhaltigen Fonds schlechter?

25 Prozent der Anleger sind überzeugt, dass es unmöglich ist, mit nachhaltigen Investments eine gute Rendite zu erzielen. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstitut Opinium im Auftrag von Fidelity International. Nach Beobachtungen der Stiftung Warentest ist das aber nicht wahr: Die Experten haben den herkömmlichen Weltaktienindex MSCI World mit seinem nachhaltig orientierten Pendant MSCI World SRI verglichen. Eine Erkenntnis: Seit einigen Jahren läuft der Nachhaltigkeitsindex besser. Falk Zielke

Für alle, die tiefer einsteigen wollen

Nachhaltiges im Netz

→ Berechnungen zu Unwetterschäden des GDV
http://dpaq.de/j1WNT

→ Marktbericht des FNG
http://dpaq.de/wIWVK

→ Infoseite der Verbraucherzentrale Bremen
http://dpaq.de/TGEum

→ Fonds-Test der Stiftung Warentest (zum Teil kostenpflichtig)
http://dpaq.de/qTIzv

→ Kampagne von Facing Finance
http://dpaq.de/ucwuU

Nachhaltiges im Buch

→ Sir Ronald Cohen: Impact – Ein neuer Kapitalismus für echte Veränderungen, Plassen Verlag 2021. 22,90 Euro.

→ Wolfgang Mulke: Nachhaltig anlegen, Stiftung Warentest 2020. 19,90 Euro.

→ Beate Sander: Börsenerfolgsformel Nachhaltigkeit: Anlage mit gutem Gewissen in Aktien, ETFs und Fonds, FinanzBuch Verlag. 29,99 Euro. tmn

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