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Gesundheit

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Hörprobleme im Alter schlagen auf die Lebensqualität - körperlich, seelisch und kognitiv. Hörgeräte helfen - wäre da nur nicht das Image-Problem.

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Der Mut zum Hörgerät zahlt sich aus: Man nimmt wieder viel unbeschwerter am Leben teil. Foto: dpa/ Westend 61/Zeljko Dangubic

Wenn Menschen schwerhörig werden, reagieren sie oft viel zu spät. „Das hat damit zu tun, dass der Hörverlust meistens über viele Jahre schleichend verläuft“, sagt Christiane Völter. Sie leitet das Hörkompetenzzentrum an der Ruhr-Universität Bochum. Vielen Betroffenen fällt es schwer, sich das Problem einzugestehen. Häufig würden Angehörige die Patienten in die Sprechstunde bringen, sagt Völter. Denn denen fällt auf, dass die Partnerin den Fernseher neuerdings so laut aufdreht oder der Vater Wörter falsch versteht.

Kein Problem des hohen Alters

Der Hörverlust beginnt oft schon zwischen 45 und 50 Jahren, sagt Prof. Birgit Mazurek, Direktorin des Tinnituszentrums an der Berliner Charité. Vorfälle wie ein Knalltrauma, genetische Ursachen oder mehrmalige Hörstürze können das Einsetzen noch weiter verfrühen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der Altersgruppe zwischen 60 und 69 Jahren rund jeder Fünfte eine Hörstörung. Bei den 70bis 79-Jährigen sind es schon 42 Prozent, bei den über 80Jährigen fast drei Viertel (71,5 Prozent). Senioren sollten daher frühzeitig zum HNOArzt gehen und einen Hörtest machen. Fällt er nicht gut aus, kann ein Hörgerät die Minderung ausgleichen.

Geht man das Hörproblem lange nicht an, kann das unangenehme Folgen haben. Und die gehen zum Teil weit über Kommunikationsprobleme hinaus. Schlechteres Hören kann auch zu körperlichen Problemen wie einer erhöhten Sturzgefahr und auch zu seelischen und geistigen Beeinträchtigungen führen. Wer eine Hörminderung hat, so das Modell des schwedischen Psychologen Jerker Rönnberg, bei dem stimmen die eingehenden akustischen Signale nicht mehr mit dem überein, was das Gehirn im Langzeitgedächtnis gespeichert hat.

Das ist sehr Völter, weil ,,der anstrengend, sagt Christiane Hörgeschädigte seine kognitiven Fähigkeiten einsetzen muss, um aus den Bruchstücken, die er gehört hat, einen sinnvollen Satz zu formen“. Das verschwendet kognitive Ressourcen, die für andere Aufgaben dann nicht mehr vollständig zur Verfügung stehen.

Wer schwerhört, zieht sich oft zurück

Laut Birgit Mazurek haben Schwerhörige ein deutlich erhöhtes Risiko, pflegebedürftig zu werden. Dies gelte auch für die Gefahr zu stürzen. Hörgeschädigte ziehen sich auch oft von anderen Menschen zurück - und schädigen sich damit möglicherweise zusätzlich. ,,Wenn man weniger unter Menschen geht, sich weniger an Gesprächen beteiligt, erhält man auch weniger stimulierenden Input", sagt Christiane Völter. ,,Dies kann sich auch auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirken." Diese Isolation und ein eventuell damit einhergehender Bewegungsmangel erhöht zudem die Gefahr einer Depression, erklärt Birgit Mazurek und spricht von einem ,,Vierer-Blatt", das die Problematik zusammenfasst: Hören, Mobilität, Kognition, Depression. Studien weisen auch auf einen Zusammenhang hin, zwischen Hörverlust und erhöhtem Risiko, an einer Depression oder Demenz zu erkranken. Christiane Völter mahnt hier aber zur Vorsicht. Epidemiologische Studien deuteten zwar auf einen Zusammenhang hin. Bislang sei aber nicht geklärt, ,,in welcher Weise sich Hörstörungen und kognitive Veränderungen gegenseitig beeinflussen", betont sie.

Nicht zu spät anfangen

Risiken raten Wegen der gesundheitlichen Fachleute, sich frühzeitig ein Hörgerät verschreiben zu lassen. Damit ,,bleiben Patienten kognitiv leistungsfähiger", sagt Birgit Mazurek, auch wenn sie findet, dass man sich nicht allein darauf verlassen sollte. Denn das Gehirn braucht einen Mehrfachanreiz. Auch ältere Menschen sollten sich bewegen und für kognitive Reize sorgen, also nicht nur vor dem Fernseher sitzen. „Man kann nicht sagen: Ich trage ein Hörgerät und alles ist gut." Mit der Nutzung sollte man nicht zu spät anfangen, auch um das Anlegen und Tragen zu üben. Das gehe in jüngeren Jahren besser, wenn man motorisch noch fitter ist, erklärt Mazurek. Alten Menschen, die möglicherweise bereits unter einem Tremor, also Muskelzittern, leiden, würde man eher zu einem Hinter-Ohr-Gerät raten. „Das kann man leichter anlegen als ein Innenohrgerät", sagt Mazurek. Pflegepersonal kann Hinter-Ohr-Geräte leichter handhaben.

Trotz der guten Ergebnisse bei Hörhilfen werden sie selten genutzt. In der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen tragen laut dem „Deutschen Ärzteblatt" nicht mal sechs Prozent der Schwerhörigen ein Hörgerät, bei den 80-Jährigen ist es knapp ein Drittel.

Das mag damit zu tun haben, dass die Geräte noch immer mit dem Älterwerden assoziiert werden. Zudem brauchten Hörgeschädigte „Zeit, um sich an den neuen Höreindruck zu gewöhnen", sagt Christiane Völter. Sich diese Zeit zu nehmen, lohne sich aber.

Von Matthias Jung


Reinigen mit Fingerspitzengefühl

Damit es gute Dienste leistet, muss ein Hörgerät sauber sein. Bei der Reinigung ist Vorsicht nötig. So vermeidet man Fehler.

Cremereste, Staub, Schweiß und Ohrenschmalz lassen ein Hörgerät verdrecken. Umso wichtiger ist die regelmäßige, gründliche Reinigung. Für eine schnelle, oberflächliche Reinigung eignen sich feuchte Spezialtücher, die es beim Hörakustiker gibt. Sie reinigen und desinfizieren, ohne Kunststoff auszutrocknen, sagt Marianne Frickel, Präsidentin der Bundesinnung der Hörakustiker. Am häufigsten sind die Geräte am Ohrpass-Stück verschmutzt, das im Gehörgang sitzt, was den Abtransport von Ohrenschmalz verhindert. ,,Weil das Ohr stetig Ohrenschmalz produziert, verstopft es mit der Zeit die Höreröffnung." Also: immer mal sauber machen.

Der häufigste Reinigungsfehler passiert laut Frickel bei Schallschläuchen, wenn diese nach einem Reinigungsbad nicht richtig trocken gepustet werden. Der Blasebalg aus dem Reinigungsset muss fest auf den Schlauch aufgesetzt werden. Mit mehreren kräftigen Pumpstößen wird das Wasser aus dem Schlauch geblasen.

Bei RIC- und IdO-Hörsystemen verstopfen oft die Siebe der Lautsprecher und Mikrofone. Sie sollten regelmäßig ausgetauscht werden. Mit Spezialreinigungsbürsten kann man Mikrofon- und Höreröffnungen säubern. Wichtig ist auch das Trocknen der Hörsysteme, etwa mithilfe einer Salzkapsel. Die Trockenkapseln ziehen über Nacht Feuchtigkeit aus den geöffneten Hörsystemen, wenn diese in einer Dose liegen. tmn

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