Das Beste aus Esslingen.
Unbegrenzt lesen mit EZ Plus.
Das Beste aus Esslingen. Mit EZ Plus unbegrenzt Inhalte der Esslinger Zeitung lesen.

Anzeige

Kreis Esslingen

Stadt Plochingen: Ideen und Visionen mit Leben gefüllt

Die Stadt am Neckarknie hat ihr Ortszentrum und den Landschaftspark Bruckenwasen am Neckar entwickelt.

Stadt Plochingen: Ideen und Visionen mit Leben gefüllt

Im Zug der Innenstadtsanierung wurde die Marktstraße zur Fußgängerzone. Fotos: Karin Ait Atmane

Plochingen vor 50 Jahren - daran kann sich Margarete Bihl gut erinnern. Sie war 1969 als junge Frau aus Esslingen-Rüdern in die Stadt am Neckarknie gezogen und mochte deren Flair. Viele tolle Geschäfte habe es da in der Innenstadt gegeben, sagt sie: unter anderem Salamander-Schuhe, einen Bonbonladen, zwei Buchhandlungen, einen Laden für Stoff und Wolle. Mittendurch, wo heute die Fußgängerzone ist, wälzten sich Autokolonnen.

„Das war nicht ungefährlich“, sagt Bihl, der noch in Erinnerung ist, wie einmal ein Kind angefahren wurde. Die spätere Umgestaltung der Innenstadt mit der Versetzung des Rathauses und der Schaffung der Fußgängerzone, „die habe ich toll gefunden", sagt sie. Vielleicht hat das ihr Interesse an der Kommunalpolitik verstärkt. 1989 jedenfalls kandidierte Margarete Bihl bei der Kommunalwahl für die SPD und wurde auf Anhieb in den Gemeinderat gewählt.

Mit dem Hundertwasserhaus hat die Stadt ein Alleinstellungsmerkmal weit über den Landkreis hinaus. Das frühere Café Unterm Regenturm ist heute eine Zahnarztpraxis.
Mit dem Hundertwasserhaus hat die Stadt ein Alleinstellungsmerkmal weit über den Landkreis hinaus. Das frühere Café Unterm Regenturm ist heute eine Zahnarztpraxis.

Das war für eine ,,Neig'schmeckte" ungewöhnlich. Insgesamt 26 Jahre blieb sie in dem Gremium, weil’s „schön ist, wenn man mitgestalten kann und die Hintergründe erfährt". In ihre Anfangsjahre fiel der Bau des Hundertwasserhauses, auf einem Areal, das an die viel befahrenen Achsen Schorndorfer- und Neckarstraße grenzt. Deshalb wurde zu diesen Straßen hin hoch und geschlossen gebaut, während sich das Quartier zur Zehntgasse hin mit dem Innenhof öffnet.

Die Ratsmitglieder besichtigten damals den Rohbau und genossen den Ausblick vom Regenturm auf den Neckar und die Umgebung, erzählt Margarete Bihl. Der damalige Bürgermeister Eugen Beck, der kürzlich verstorben ist, war der Vater der Innenstadtsanierung samt Hundertwasserhaus. „Er hat tolle Ideen gehabt", findet Bihl. ,,Aber es war auch eine andere Zeit." Heute hätten es Bürgermeister schwerer, im finanziell gebeutelten Plochingen sowieso.

Beck konnte auf Menschen in der Stadt bauen, die seine Ideen mit Leben füllten. So auch im 1992 eingeweihten Kulturpark Dettinger: Künstlerinnen und Künstler bezogen die Ateliers, die Initiative Ma(h)lwerk richtete sich den Pferdestall her. Und um den Außenbereich zu beleben, begann Margarete Bihl, mit einigen anderen Boule zu spielen: „Wir haben alle miteinander bei Null angefangen", erzählt sie, die mit ihrem 2CV öfter mal Baguette und Käse mitbrachte. Daraus entstanden ist der Bouleclub Le Cochonnet, der bis heute im Dettinger Park und im Bruckenwasen trainiert und spielt.

Der Verein ,,Kontakt den Bihl vor mittlerweile von Frau zu Frau", 35 Jahren gründete, hat ebenfalls Bewegung nach Plochingen gebracht, ob seine Mitglieder an der Weiberfasnet Krawatten im Rathaus abschnitten oder sich als Vogelscheuchen verkleidet auf die Gartenschau stellten. Dass die Stadt die Vereine und die Feste unterstütze, dass es so etwas wie den AKPV (Arbeitskreis Plochinger Vereine) als Zusammenschluss gibt, weiß Bihl sehr zu schätzen. Sie ist auch ein großer Fan des Landschaftsparks Bruckenwasen: ,,Ich wüsste nichts Besseres".

Den Rückgang der Geschäfte, aber auch der Gaststätten und Cafés, bedauert sie dagegen. Das Café unterm Regenturm sah sie als Ort der Begegnung und als Anlaufstelle für Touristen - jetzt ist es eine Zahnarztpraxis. Bei den Lokalen in der Marktstraße hadert sie mit den Öffnungszeiten: „Sonntags haben Sie gar nichts - da kommen dann die Touristen und wissen nicht, wohin." Als gravierende Einschnitte empfand sie die Schließung des Krankenhauses und des Hallenbades: wenigstens ein Schulschwimmbad sollte die Stadt Plochingen schon haben, findet Margarete Bihl.

Der Verkehr ist in Plochingen schon seit Jahrzehnten ein Dauerthema. Hitzig diskutiert wurde viele Jahre lang das Projekt Aufstiegsstraße, eine Verbindung von der Querspange über die B 10, an der Markungsgrenze zu Reichenbach in Richtung Schurwald. Sie sollte unterhalb des Stumpenhofs in die Schorndorfer Straße einmünden. Große und kleine Lösungen und diverse Varianten standen im Raum. Im aktuellen Regionalverkehrsplan wird noch immer eine Trasse für die ,,Stumpenhofauffahrt" freigehalten. Gebaut wird sie vermutlich nie.

Verglichen damit klingen die Pläne, den Verkehr in Ost-West-Richtung auf die Eisenbahnstraße zu konzentrieren, deutlich unkomplizierter. Margarete Bihl findet das als Entlastung der Esslinger Straße absolut sinnvoll. Vor allem freut sie sich, wenn jetzt der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs kommt: Das sei an diesem wichtigen Knotenpunkt überfällig.

Von Karin Ait Atmane


Rund um die Serie

Motto Die Stadtteil- und Kreisserie der Eßlinger Zeitung steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des Landkreisjubiläums. Der Landkreis wird 50 Jahre alt.

Inhalte Die Serie beleuchtet, wie sich die jeweiligen Orte in den vergangenen 50 Jahren entwickelt haben. Dabei wird sich zeigen, wie vielseitig die Kommunen im Kreis sind. Schon allein geografisch, da sich das Gebiet von den Fildern übers Neckartal bis hinauf auf den Schurwald erstreckt. Die Serie blickt nicht nur zurück auf die vergangenen fünf Jahrzehnte, sondern betrachtet auch die Gegenwart. Auch, dass jede Kommune mit eigenen Herausforderungen zu kämpfen hat, wird eine Rolle spielen.

Folgen Die Serie wird bis zum 19. Juli erscheinen. Insgesamt gibt es 23 Teile, die mittwochs und freitags erscheinen. Die nächste Folge widmet sich Wäldenbronn / Hohenkreuz / Serach / Obertal/St. Bernhardt / Kennenburg/Wiflingshausen. red


Plochinger Historie und Gegenwart

Plochingen wurde im Jahr 1146 als Blochingen erstmals urkundlich erwähnt. Der Name der Stadt leitet sich wahrscheinlich von einem alemannischen Sippenführer namens Blocho ab. Verschiedene Funde deuten darauf hin, dass die heutige Plochinger Markung schon in der Steinzeit besiedelt war.

Heute ist Plochingen ein wichtiger Bahnknotenpunkt mit rund 13000 Reisenden täglich. In Zukunft wird allerdings der Fernverkehr überwiegend über die Schnellbahntrasse Stuttgart-Ulm und damit an Plochingen vorbeifließen. Auch als Schulstadt hat Plochingen eine wichtige Funktion, sein Gymnasium zählt zu den größten in Baden-Württemberg. Das ist Segen und Last zugleich, wie die Auseinandersetzungen um die Sanierung dieser Schule zeigen. Die Einwohnerzahl liegt derzeit bei rund 14 200, an die 100 verschiedene Nationalitäten sind vertreten. Rund 23 Prozent der Einwohner haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Marktstraße mit ihren Fachwerkhäusern, der Kirchberg, das Hundertwasserhaus, die Ottilienkapelle, der Albvereinsturm oder der Landschaftspark Bruckenwasen sind einige der Sehenswürdigkeiten. Auch die Plochinger Feste üben eine große Anziehungskraft über die Stadtgrenzen hinaus aus. Mitte Juli findet das Marquardtfest mit vielen Vereinsaktivitäten und historischem Spiel statt. Plochinger Frühling und Plochinger Herbst, kombiniert mit verkaufsoffenem Sonntag, bringen viel Leben in die Innenstadt. aia

> Das Zitat des Tages

Fata: Karin Ait Atmane
Fata: Karin Ait Atmane
,,Plochingen hat von allem etwas. Man ist gleich im Grünen. Außerdem hat man eine perfekte Anbindung ans Umland und kulturell ist auch einiges geboten."
Tanja Wehnl, Mitarbeiterin der Plochingen-Info

> Zahl des Tages

Heute: Die Stadt Plochingen und ihr Hafen

1,233

Millionen Tonnen Güter wurden 2022 im Plochinger Hafen umgeschlagen. Die häufigsten Güter waren Schrott, Sand/Kies/Erde und Düngemittel. aia

Neue Artikel
esslinger-zeitung.de wurde gerade aktualisiert. Wollen Sie die Seite neu laden?